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Maklergesetz-Novelle: „Bestellerprinzip“ bringt Aus für Mieter-Provisionen ab 2023

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Auf Seite 34 des aktuellen Regierungsprogramms findet man folgende Textstelle: “Wie für gewöhnlich bei Dienstleistungen üblich, sollen die Kosten der Maklerin bzw. des Maklers bei Vermittlung von Mietwohnungen von demjenigen übernommen werden, der den Auftrag gegeben hat”. Dem Vorbild Deutschlands folgend, entschied man sich auch in Österreich dazu, für Maklerprovisionen das sog. “Bestellerprinzip” einzuführen.

Bestellerprinzip als faire Lösung?

Üblicherweise werden Immobilienmakler nicht vom Mieter, sondern vom Vermieter beauftragt. Dennoch sind es in der Praxis die Mieter, die den Großteil der Maklerprovision zahlen – meistens zwei Bruttomonatsmieten im Gegensatz zu einer Bruttomonatsmiete aufseiten des Vermieters. Neben der Kaution und der Umzugskosten werden die Mieter somit zusätzlich mit einer Maklerprovision belastet, womit bereits zu Beginn des Mietverhältnisses Kosten in Höhe von mehreren tausend Euro anfallen.

Das Maklergesetz-Änderungsgesetz (MaklerG-ÄG) soll dem geschilderten Praxisvorgehen einen Riegel vorschieben. Zukünftig soll Wohnungsmietern keine finanzielle Belastung durch Leistungen eines Immobilienmaklers entstehen, die einem Maklervertrag zwischen Immobilienmakler und Vermieter entspringen. Erreicht werden soll dieses Ziel durch Einführung des Besteller- bzw. des “Erstauftraggeberprinzips”, wie es im gegenwärtigen Gesetzesentwurf präziser genannt wird.

Folgen des Bestellerprinzips / Erstauftraggeberprinzips

Folge der Gesetzesänderung ist, dass von Vermietern veranlasste Vermittlungen ausschließlich von diesen zu bezahlen sind. Der Makler hat nur dann einen Anspruch auf Zahlung einer Provision gegen den Wohnungssuchenden, wenn dieser den Maklervertrag zeitlich vor dem Vermieter geschlossen hat, das heißt, wenn der Wohnungssuchende einen Makler mit der Suche beauftragt hat. Jedoch gibt es auch hierzu noch Ausnahmen, um Umgehungskonstruktionen vorzubeugen (nachzulesen in § 17a Abs. 3). Sollte bspw. der Makler im Rahmen eines Geistesblitzes auf die Idee kommen, mit dem auftraggebenden Vermieter vorerst keinen Maklervertrag abzuschließen, damit der Mieter als Erstauftraggeber provisionspflichtig wird, so kann sich der Mieter auf § 17a Abs. 3 Z 2 stützen, der diese Idee im Keim erstickt.

Auswirkungen des Bestellerprinzips auf Immobilienmakler

Laut Vorblatt zum Gesetzesentwurf (das von Zahlen bzw. Expertenschätzungen für den Zeitraum vor Eintritt der COVID-19-Pandemie ausgeht) erwirtschaften Immobilienmakler von Mietern jährliche Umsätze von 49,4 Mio. Euro (exkl. USt.), denen 17,9 Mio. Euro (exkl. USt.) auf Vermieterseite gegenüberstehen.
Gegenwärtig erfolgt bei 70 % aller Mietwohnungen eine Vermittlung durch Immobilienmakler.
Es wird davon ausgegangen, dass Immobilienmakler nach Inkrafttreten der Gesetzesnovelle durchschnittlich rund 38,5 Mio. Euro (exkl. USt.) erwirtschaften können. Angenommen wird dabei, dass sich 35 % der Vermieter eines Immobilienmaklers bedienen werden und es in weiteren 5 % der Fälle zu provisionspflichtigen Suchaufträgen von Mietern kommen wird. Demnach würden selbst nach Etablierung des Bestellerprinzips 40 % aller Mietwohnungen durch Immobilienmakler vermittelt werden (im Gegensatz zu 70 % heute).
Laut orf.at sind rund 5.500 Immobilienmakler mit ca. 10.000 Angestellten in Österreich aktiv. Der Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) befürchtet, dass viele davon zukünftig arbeitslos sein werden bzw. sich illegale Ablösen etablieren könnten.

Ab wann gilt das Bestellerprinzip?

Wie bereits mehrfach erwähnt, handelt es sich gegenwärtig noch um einen Gesetzesentwurf, sprich das Gesetz muss erst noch im Parlament beschlossen werden. Dies ist für Juni geplant. Danach sieht der Gesetzesentwurf eine sechsmonatige Frist vor, nach der das Gesetz endgültig in Kraft tritt. Somit ist frühestens Ende 2022, vermutlich Anfang 2023 mit Inkrafttreten des Maklergesetz-Änderungsgesetzes und dem diesem inhärenten Bestellerprinzip zu rechnen.

Unsere Meinung

Obgleich die gegenständliche Gesetzesnovelle natürlich Unsicherheiten und neue Herausforderungen für den Beruf des Immobilienmaklers mit sich bringt, begrüßen wir von Hirschl & Partner Immobilien die Einführung des Bestellerprinzips. Unabhängig davon darf mit Spannung beobachtet werden, ob sich die Experteneinschätzungen, welche dem Gesetzesentwurf zugrunde liegen, bewahrheiten werden. Dem Vorblatt zum Gesetzesentwurf lässt sich entnehmen, dass nach Schätzungen der Maklerbranche für eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Vermittlung eines Wohnungsmietvertrags eine Maklerprovision in Höhe von durchschnittlich 2,5 Bruttomonatsmieten erforderlich ist. Ob tatsächlich 35 % der Vermieter bereit sein werden, diese 2,5 bzw. in der Praxis wohl 3 Bruttomonatsmieten zu zahlen, bleibt abzuwarten. Einerseits erscheint es plausibel anzunehmen, dass große Investoren trotz einer Mehrbelastung von ein bis zwei Bruttomonatsmieten wohl weiterhin auf Immobilienmakler zurückgreifen werden (müssen). Andererseits könnten diese etwa dazu übergehen, eigene Angestellte für die Suche nach Mietern einzustellen, falls dies wirtschaftlicher ist.
Eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts IW Köln aus dem Jahr 2017 kam zu dem Ergebnis, dass rund 60 Prozent aller Mietwohnungen von privaten Kleinvermietern angeboten werden. Obgleich diese Studie im Nachbarstaat Deutschland stattfand, darf man vermutlich von einer ähnlichen Situation in Österreich ausgehen.

Auswirkungen des Bestellerprinzips in Deutschland

Mit der Einführung des Bestellerprinzips betritt Österreich kein Neuland. In unserem Nachbarland wurde das Bestellerprinzip bereits im Jahr 2015 eingeführt und direkt mit mehreren Verfassungsbeschwerden konfrontiert. Am 29. Juni 2016 wurde das Prinzip jedoch vom Bundesverfassungsgericht für grundgesetzkonform erklärt. Die Regelung sei gerechtfertigt, um sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken, die auf dem Mietwohnungsmarkt zu Lasten der Wohnungssuchenden bestünden. Eine erfolgreiche Anfechtung hierzulande vor dem Verfassungsgerichtshof scheint vor diesem Hintergrund wohl ebenfalls unwahrscheinlich.

Nicht überraschend unternahmen bzw. unternehmen Immobilienmakler Versuche, über Umgehungsgeschäfte Zahlungen von Mietinteressenten zu erhalten, bspw. über sogenannte „Vertragsausfertigungsgebühren“. Diese Praxis wurde in einem Urteil des Landgerichts Hamburg zumindest dann für rechtswidrig befunden, wenn dem Mieter die Pflicht zur Zahlung der Gebühr in AGB auferlegt wird. Unzulässig sind nach einem Urteil des LG Stuttgart auch „Besichtigungsgebühren“. Laut der von der deutschen Bundesregierung in Auftrag gegebenen “Evaluation der Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz” bestätigten die Vertreter der Mieterseite allerdings, dass weder direkte Umgehungsversuche systematisch die Gerichte beschäftigt haben, noch dass es einen gestiegenen Bedarf an Beratungen zu Umgehungsversuchen gegeben hätte. Allerdings geben gleichzeitig 30 % der befragten Mieter einer Online-Umfrage an, dass sie dass sie direkt zur Umgehung des Bestellerprinzips aufgefordert wurden.

Ebenfalls 30 % der Befragten gab an, dass eine indirekte Überwälzung von Maklerkosten auf die Miete stattgefunden habe. Eine ökonometrische Analyse der Evaluation erlaubt allerdings die Schlussfolgerung, dass bundesweit – mit Ausnahme bestimmter Teilgruppen – eher keine indirekte Überwälzung der Maklerkosten aufgrund des Bestellerprinzips stattgefunden hat. In besagter Evaluation gaben 54 % der Vermieter an, Selbstvermarktung zu betreiben. Vor Einführung des Bestellerprinzips belief sich dieser Wert auf 30 %. Nicht überraschend ist dieser Unterschied vor allem auf Privatvermieter zurückzuführen, die sich an der Selbstvermarktung versuchen.

Die Evaluation spricht weiter davon, dass sich die Auftragslage der Makler durch die Einführung des Bestellerprinzips tatsächlich signifikant verschlechtert hat. Während vor Einführung des Bestellerprinzips noch 62 % der Vermieter ihre Wohnungen primär mithilfe eines externen Maklers vermittelt haben, sind es nach der Einführung nur noch 35 %. Der Rückgang der Aufträge im Mietmarkt hat in etwa der Hälfte der befragten Maklerbüros zu Umsatzeinbußen von durchschnittlich 37 % geführt.

Quellen

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